Diese Frage höre ich oft. Noch viel schlimmer ist es, wenn sich jemand nicht traut Gitarre zu lernen, weil sich Person nicht sicher ist ob es überhaupt noch möglich ist.

Die einfachste Antwort:

Nein! Du bist ganz bestimmt nicht zu alt dafür!
Es spielt absolut überhaupt keine Rolle, wann ihr mit etwas neuem beginnt. Ganz egal ob Ski fahren, Golfen oder halt eben Gitarre spielen, es kommt nicht aufs alter darauf an, sondern die Motivation.

Mein Persönliches Beispiel

Ich war viel zu jung, um noch zu wissen wie anstrengend es war mit dem Gitarrenspiel zu beginnen.
Ich war aber auch sehr ambitioniert und habe regelmässig geübt.
Mein Vorteil war ganz klar, ich war ein Kind, hatte mehr als genug Zeit, die Finanziellen möglichkeiten durch meine Eltern und ich habe es gehasst nach draussen zu gehen.
Hausarrest kam mir also immer sehr gelegen. 😛

Als ich 13 Jahre alt war, fing ich aber erst richtig damit an. An Wochenenden und in den Ferien kam es nicht selten vor, dass ich 10h pro Tag Gitarre gespielt habe.

Ich hatte immer ein Ziel vor Augen (das waren damals noch DVDs und Youtube Videos in miserabler Qualität) und hatte ich dieses Ziel erreicht, jagte ich dem nächsten nach.

Meine Idole änderten sich von Jahr zu Jahr. Ich fand den noch besseren Gitarristen oder die Band welche mir noch besser gefiel und begann damit, deren Lieder nachzuspielen.

Ich wurde auch in der Schule immer gefördert. Wir wurden schon fast dazu gezwungen eine Schülerband zu gründen und in der Schule Konzerte zu spielen.

Das ist der Grund, weshalb ich es nur schlecht nachvollziehen kann, wie es ist, mit 70 Jahren noch als Gitarren Anfänger zu gelten.
Was ich aber machen kann, ich kann euch von meinen Erfahrungen als Gitarrenlehrer berichten und was ich so bis jetzt rausgefunden habe.

Das Zeitproblem

Oft haben 30-50 Jährige Menschen alle Hand zu tun. Familie, Arbeit, evtl. sogar Hobbies (soll ja Menschen mit Hobbies geben, habe ich gehört) und Freunde treffen.

Kinder haben diese Zeit Probleme viel seltener. Klar haben sie Schule, müssen Hausaufgaben machen und anderen Hobbies nachjagen zu welchen sie von den Eltern dazu verdonnert wurden. Jedoch bleiben da trotzdem noch viele Ferien, Wochenende und auch Tagsüber die Zeit, Gitarre zu lernen.

Die Lösung dafür (gilt für Jung und „Alt“): Eine Regelmässigkeit.
15 Minuten am Tag bringen viel mehr als jeweils Sonntags eine Stunde.

Das hinterfragen

Was mir besonders bei Erwachsenen Menschen auffällt ist, sie hinterfragen sehr viele Dinge. Logisch, wer tut das nicht? Mache ich ja schliesslich auch sehr oft.

Kinder hingegen hinterfragen nicht, weshalb sie ein Lied spielen sollten welches sie nicht mögen. Oder weshalb sie diese Tonleiter hoch und runter spielen sollten, obwohl sie es jetzt in diesem Moment noch nicht gebrauchen können.

Schlussendlich ist es ganz egal was ihr lernt. Hauptsache es ist richtig gelernt.
Mögt ihr Persönlich einen Künstler nicht, heisst das noch lange nicht, dass alle seine Songs automatisch auch doof sind. Generell sind Songs sehr Lehrreich und man kann viel davon lernen.
Ihr solltet unbedingt in Zukunft ein Beispiel an den Kids nehmen und einfach machen anstatt fragen weshalb ihr das jetzt machen müsst.
Sehr oft ergibt sich die Lösung nach ein paar Wochen von ganz alleine.

Übrigens ist der Film Karate Kid hier ein sehr gutes Beispiel. Der Schüler muss ständig in die Luft schlafen und quasi schon der Luft ausweichen. Irgendwann hat er keine Lust mehr dazu und der Lehrer versucht ihn zu treffen. Fast schon Magisch kann er den Schlägen ausweichen und kontern.

Ja klar, gibt bessere Beispiele, aber es beantwortet genau das hinterfragen Problem. Eine Tonleiter muss nicht jetzt Sinn machen. Aber vielleicht spielt ihr mal in einer Band und die spielen auf C Dur und ihr solltet darüber ein Solo spielen. Was macht ihr dann? Denkt an mich, wenn es soweit ist! 😛

Was auch ein Grund dafür sein kann, ist die Lebenszeit. Damit meine ich nicht, wieviel Zeit ihr pro Tag zum üben habt, sondern die Angst dass man nicht mehr das erleben kann was man gerne würde.

Auch wenn das extrem makaber klingen mag, ist mir oft aufgefallen, dass Kinder es auf sich zukommen lassen. „Was soll ich schon stressen, bin ja erst 10 Jahre alt und habe noch 100 Jahre wenn es gut kommt“.
Das kann der 70 Jährige nicht mehr unbedingt sagen. Deshalb ist es möglich, dass gewisse Dinge getrost ausgelassen werden, weil man ja nicht mehr genug Zeit für das wichtige hat.

Auch das würde ich so nicht unterschreiben. Für dieses kurze Zeit in der ihr Gitarre lernt, kommt es nicht drauf an ob ihr es halbpatzig oder gleich richtig macht. 🙂

Die Lernfähigkeit

Ich glaube wir wissen alle, dass Kinder viel Lernfähiger sind als wir Erwachsenen.

Aber dieses Argument kann man einfach kontern wenn man sagt, dass es ja auch sehr Talentierte und weniger Talentierte Menschen gibt.

Wer mit den multiplen Intelligenzen vertraut ist weiss, dass jeder sein Talent irgendwo hat. Ist es nicht in der Musik, ist es meist wo anders.

Deshalb ist es wichtig, dass ihr dieses Argument „ich bin zu alt um etwas neues zu lernen“ nicht als Grund nehmt, nicht damit anzufangen.
Man sagt auch nicht „ich bin zu untalentiert um Auto zu fahren“. Ich denke jede zweite Person auf den Strassen ist untalentiert und sollte auf keinen Fall in ein Fahrzeug sitzen (ich schliesse mich da mit ein). Trotzdem machen sie es, weil sie es müssen.

Das Finanzielle Problem

Kinder haben oft keine Finanzielle schwierigkeiten. Zumindest nicht sie direkt. Deshalb müssen sie nicht eine sekunde darüber nachdenken, wie ihr Gitarrenunterricht bezahlt wird. Sie nehmen es einfach als normal hin.

Als Erwachsener muss man viel Geld in die Hand nehmen um damit beginnen zu können.
Aber auch hier kann man sich ein Budget setzen und sagen, wenn diese Anzahl Geld ausgegeben ist, muss ich es können.
Oder ihr versucht einen Monatlichen Plan mit eurem Lehrer auszuhandeln anstatt jeweils 10 Lektionen auf einen Schlag zu bezahlen.

Meine Erfahrung

In den vielen Jahren die ich mittlerweile schon unterrichte, habe ich keine Gravierende Unterschiede bei den Altersgruppen bemerkt.

Es gibt sehr talentierte und ambitionierte Schüler, die extrem schnell voran kommen, es gibt aber auch das Gegenteil.

Meine jüngste Schülerin war 5 Jahre alt, mein ältester Schüler war 70 Jahre alt. Wichtig dabei ist, dass ihr Spass dabei habt.

Wichtig ist auch, dass man auf den Schüler eingeht und nicht auf deren alter. Der 70 Jährige Schüler, dessen Ziel es war, in 2 Jahren AC/DC spielen zu können, kann nicht gleich behandelt werden wie der 15 Jährige Schüler der Frauenaufreisser Songs spielen will.

Deshalb merket euch:

Es kommt nicht auf das alter darauf an, sondern auf:

  • Eure Zeit die ihr habt und investieren könnt
  • Eure Finanziellen möglichkeiten die ihr habt und investieren wollt
  • nicht zuletzt auf die Motivation und die Ziele die ihr verfolgt