Vorweg: Ich schreibe hier immer „der Schüler“. Das hat nichts damit zu tun, dass ich das weibliche Geschlecht benachteilige, sondern weil ich in diesem Post die Schüler mit mir vergleiche und ich – laut Pass – auch Männlich bin und mich dementsprechend besser damit identifizieren kann.
Also Girls können sich genau so angesprochen fühlen wie Boys.

Ich schreibe hier über die verschiedenen Gitarrenschüler welche ich bisher kennenlernen durfte und mittlerweile gut Einschätzen kann.
Keine der nachfolgenden Auflistungen ist abschätzend gemeint. Ich versuche nur euch aufzuzeigen was für welche Schüler es gibt und ihr euch dementsprechend selber finden und bei bedarf die Tipps über eure Person lesen könnt um somit beim Gitarre spielen weiter kommen könnt.

Der Wöchentliche..

..Nerd

Diese Schüler mage ich besonders. Auch wen sie Unterrichtsmässig extrem anstrengend sind, da sie viele Fragen haben, schnell Fortschritt machen und immer alles perfekt einstudieren wie man es ihnen sagt.

Ein aktuelles Beispiel von einem Schüler, der im März (während Corona) mit mir (Videolektionen) begonnen hat Gitarre zu spielen und mitte Mai ein Niveau hatte, welche andere in 10 Jahre nicht erreichen würden.

Ich habe ihm Tonleitern, Arpeggios, Akkorde, Solos usw. gegeben und eine Woche später war er ready und hat sich alles in den Kopf gewürgt und schlussendlich auch tatsächlich präsentiert.

Ich würde mich selber auch als Nerd bezeichnen, da ich das genau gleiche gemacht habe bzw. mache. Deshalb weiss ich gut, was die schlechten Seiten davon sind.

Nerds neigen dazu, alleine zu spielen. Mit Software, mit Backing Tracks usw. Deshalb ist es wichtig, dass Nerds eine Band haben oder mit anderen Leuten Musik machen oder regelmässig an Jams gehen.
Ich hatte oft das Problem mit anderen Leuten zu spielen und zu merken: „Was spiele ich jetzt eigentlich darüber?“.

Den Nerd Übungen sind zwar gute Übungen, aber wirklich toll klingt es für den Zuhörer ja nicht. Es ist einfach entweder „richtig“ oder „crazy“ oder „brutal“, aber es ist auch wichtig, dass man sich den anderen anpassen kann, das Tempo variiert (da die Schlagzeuger ja nie das Tempo halten können :P) oder auch mal die Tonart spontan wechselt, sollte der Sänger spontan – ungewollt – wechseln.

..nicht Über

Der Wöchentliche nicht über ist ganz speziell. Dieser kommt zwar jede Woche, ohne Ausnahme in den Unterricht, aber geübt hat er eigentlich nicht.

Fortschritt gibt es trotzdem, auch wenn diese nur sehr klein sind.
Klar, hauptsächlich geht es um den sozialen Kontakt usw. Etwas regelmässiges im Leben zu haben und sich mit einem Lehrer zu treffen um die Motivation nicht ganz zu verlieren.

Einmal in der Woche vorbeizukommen und miteinander spielen und wenn es sein muss auch zusammen üben, macht ihn zwar nicht zum Profi, aber es hält ihn bei der Stange und er lernt langsam neue Dinge dazu.

..etwas anderes geübt

Dieser Schüler finde ich auch ganz speziell. Nämlich schaut man sich zusammen etwas an. Meistens Lieder die er selber gewünscht hat. Eine Woche später kommt er in den Unterricht, hat 100 andere Lieder geübt, aber nicht das, welches wir uns angeschaut haben.

Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn ihr etwas anderes lernt als euch der Lehrer aufgibt.
Ihr müsst aber bedenken, dass der Lehrer sehr oft einen „Plan“ hinter den Liedern die er euch gibt hat.
Andererseits ist es nicht empfehlenswert, viele verschiedene Dinge gleichzeitig zu üben.

Es ist wie bei den Gaming Charakteren. Ihr habt 100 „Kraft“ Punkte zu vergeben. Wenn ihr ein Lied und eine Tonleiter übt, bekommen beide je 50 Punkte. Übt ihr aber 100 Lieder, bekommen alle je einen Punkt. So kommt man niemals voran.
Lieber weniger, dafür richtig. Ihr seid dann auch viel schneller fertig und könnt zum nächsten gehen.

Schlussendlich aber gilt, egal was ihr spielt. Hauptsache ihr spielt!

..Bier mitbringer

Ganz beliebt sind auch die Bier mitbringer. Hierbei handelt es sich um Schüler die um 19 Uhr oder 20 Uhr in den Unterricht kommen und noch Bier mitbringen.
Auch beliebt bei den Bier mitbringern ist ein kurzer Ausflug zur 50 Meter entfernter Josefswiese um Bier zu kaufen, falls gerade kein Bier mitgebracht werden konnte und ich auch keine „in Stock“ hatte.

Der Unterricht verliert dadurch nur um 20% an Qualität, da das Bier zwar lustig aber auch ein wenig müde macht. Jedoch dauern die Lektionen (sofern es die letzte Lektion des Tages ist) etwas länger, da Bier die Gesprächsfreudigkeit verstärkt.

..schwätzer

Ja ich geb’s zu, ich „schwätze“ gerne und viel. Je doofer desto besser sogar.
Aber es gibt Schüler die sind noch viel schlimmer als ich. Und Schüler die schlimmer sind als ich und ich selber in einem Raum, wird zu eine schwätz-Marathon.

Keine Angst. Ich versuche in regelmässigen 5 Minuten abständen wieder in den Unterricht zurückzukehren.
Je länger der „Schwatz“ geht, desto verzweifelter werden meine Versuche.

Hört ihr Beispielsweise:
– Also…
– Wie schauts mit diesem Lied aus?
– ..speaking of which..
– Ich glaube meine Gitarre hat gerade von selbst gespielt.
– Ok.
– Wemmer mal?

Dann wisst ihr, wir sollten uns unbedingt wieder auf das Gitarrenspiel konzentrieren.

..nicht gehen woller

Es gibt ja auch diese Schüler, die zwar nach Ablauf der Zeit keine Gitarrentechnische Dinge mehr wissen wollen, aber einfach sehr gerne weiter plaudern würden.

Diese Schüler sind sehr oft auch im „Schwätzer“ segment zu finden.
„Schwätzer“ und „nicht gehen woller“ ist lediglich eine Kombination und tritt selten nur alleine auf.

Jedenfalls geniesse ich es sehr mit euch zu plaudern, während oder auch nach der Lektion. Aber teilweise wartet schon der nächste Schüler und ich muss das Gespräch dann leider beenden.

Auf folgende „hints“ könnt ihr euch konzentrieren:
– Hemmer welle gömmer?
– Jetzt müssen wir wirklich gehen, der andere wartet schon.
– Ich habe eine Pizza im Ofen und muss die rausholen.
– Wollen wir mal rausgehen, schauen ob’s regnet?

Der verstreichen lasser

Schüler die ein Wöchentliches-, oder Jahresabo kaufen und auch bezahlen, zweimal in den Unterricht kommen und dann nie wieder auftauchen.

Leute, ich bin kein Fitnessstudio. Ihr dürft tatsächlich die bezahlten Lektionen auch einbeziehen. Niemand wird euch dafür auslachen!

Wenn ihr zu viel Geld habt und nicht wisst was damit anstellen, dann überweist es mir einfach als „Spende“ oder schreibt hin „für Gitarren und Studiomaterial“.

Ich kann super verstehen, dass es mal stressigere oder weniger stressigere Zeiten gibt. Aber ich biete ja auch Videolektionen an, welche ihr von zuhause aus machen könnt. Dann spart ihr euch den weg.
Wenn ich weiss, das ihr eine strenge Zeit vor euch habt oder gerade aktuell in einer seid, dann passe ich den Unterricht auch dementsprechend an damit ihr sehr wenig oder nichts üben müsst und wir anderes Zeug zusammen anschauen.

Der „warum besuchst du den Unterricht?“

Ganz fraglich finde ich auch diese Schüler.
Er will mehr Akkorde spielen können, ich zeige ihm Barre und CAGED Akkorde. Die sind ihm aber zu schwer und er würde diese doch lieber nicht spielen wollen.
Tonleitern will er nicht lernen, aber improvisieren wie ein Profi wäre schon cool.
Den richtigen Rhythmus über ein Lied spielen will er nicht. Lieber ein ganz anderer der klingt als wäre es ein anderes Lied, aber Hauptsache so einfach, dass er es sofort spielen kann.

Hier muss ich ganz ehrlich sagen; weshalb besucht ihr den Unterricht, wenn ihr doch sowieso alles besser wisst? 😛

Hierfür habe ich leider keine Lösung, aber vielleicht finde ich es irgendwann mal raus weshalb es diese Art von Schülern gibt.

Jedenfalls, versucht unbedingt dem Lehrer zu vertrauen. Ihr bezahlt ihn ja auch dafür?
Was könnt ihr im schlimmsten Fall schon verlieren? Höchstens ein halbes Jahr von eurem Gitarrenleben. Aber wie ich schon oben erwähnt habe; egal was ihr spielt, Hauptsache ihr spielt. Also schlussendlich habt ihr gar nichts verloren.

Probeschüler

Ich biete Probelektionen gratis an. Das hat einen tieferen Sinn und zwar, dass ich selber auch gerne Dinge teste bevor ich sie kaufe.
Das macht extrem Sinn, vor allem, wenn man bedenkt, wie teuer das werden kann.
Man soll ja seinen Prinzipien treu bleiben. Deshalb biete ich weiterhin gratis Probelektionen an, damit ich dich und du auch mich und auch meinen Unterricht etwas kennenlernen kannst.

Der übermotivierte..

„Ich bin Feuer und Flamme“, „werde garantiert mit Gitarre beginnen“ und „ich gehe jetzt gleich nach Hause Gitarre üben“ sind nur ein paar Sätze die ich gehört habe bevor ich einen Probeschüler nie wieder gesehen habe. 😛

Das ist auch überhaupt nicht schlimm, das biete ich ja auch genau dafür an.
Ich weiss nicht wo genau es nach der Probestunde hapert und weshalb sehr oft die extrem übermotivierten dann eben doch nicht beginnen, aber ich weiss, auch von mir selber, das zu viel Motivation anfangs nicht gut ist.

Ich glaube das hängt mit der Person zusammen, sich für etwas über zu motivieren, aber ich denke es würde nicht schaden, diese grosse Motivation in kleinen Dosen (Plural von Dosis) ausschütten zu lassen.

Der „es ist mir doch zu teuer“..

Da muss ich ganz ehrlich sagen, das verstehe ich bis heute nicht wirklich.
Zugegeben, es ist während den vielen Jahren in denen ich unterrichte sehr selten vorgekommen. Aber dennoch, warum überhaupt?

Ich meine, die Preise stehen mehrmals auf der Webseite. Und immer wenn ich das Gefühl habe, es ist jemand der noch sehr jung ist und dementsprechend noch nicht all zu viel Geld hat, schreibe ich auf die Anfrage, ob er sich die Preise angeschaut hat.

Trotzdem kam es wie mein Bauchgefühl schon vorausgesagt hat zu dem „es ist mir doch zu teuer“ Mail.

Solche Dinge sollte man sich VOR der Probestunde überlegen. Die Finanzielle Situation kann sich unmöglich innerhalb von wenigen Stunden so drastisch ändern, dass es sich von einem „ich habe genug Geld“ zu „ich habe doch nicht genug Geld“ ändern kann.

Mir ist es Persönlich egal, wenn ich aufgrund von Probelektionen Zeit und Geld verliere. Deshalb biete ich es ja auch an. Aber wenn ich unnötig Zeit und Geld in den Sand setze, dann wird es irgendwann mühsam.

Falls ihr also wirklich zu wenig Geld habt um euch das zu leisten (was völlig ok ist. Es ist ja auch sehr teuer!) dann sucht auf Youtube nach den gewünschten Lieder die ihr lernen wollt, durchlöchert Reddit um gratis an Tipps zu kommen oder bucht eine andere Unterrichtsvariante bei mir (zb. über Video).

Der „ich gehe ein Jahr auf Reisen“

So crazy das auch klingen mag, ich habs tatsächlich schon einmal erleben müssen. Zum Glück erst einmal.

Jemand bucht eine gratis Probelektion, mit dem Wissen, dass er nächste Woche für lange Zeit verreist oder in einen andere Kanton umzieht.
Seriously?!
Das heisst, er verschwendet seine und meine Zeit und die chance für jemand anderes, diese Zeit zu bekommen der hier bleibt mit der intension, wirklich Gitarre zu spielen.
Hierzu kann ich leider auch nichts sagen, da ich nicht weiss weshalb jemand so etwas machen sollte. Aber hier ein paar Theorien:

Falls ihr meint dass..

..ihr nach einer Probelektion schon Gitarre spielt wie ein Profi.
Stimmt leider nicht und ist auch nicht möglich.

..ich euch so viel Material geben kann, dass ihr für immer und ewig alleine üben könnt.
Sucht auf YouTube nach gratis Gitarrenlektionen.

..ihr danach mit Videolektionen weitermachen könnt.
Bucht gleich von Anfang an eine Video-Probelektion anstatt der Live-Variante.

Nehmt es mir nicht böse, falls das wieder einmal vorkommen sollte und ich euch nach Hause schicke. 😛

Ende

Vielen Dank für’s durchlesen.
Falls ihr euch selber mit einem der oben genannten Schülern identifizieren könnt, wisst ihr jetzt, wie ihr das zum Positiven verändern könnt.
Ihr braucht keine Angst zu haben, euren Lehrer auf das anzusprechen. Dafür ist er ja da.
Würdet ihr den Unterricht besuchen und könntet schon alles, würde es genau so wenig Sinn machen.